, Kessler Jessica

Sibylle Vogt

Sibylle Vogt ist aktuell die erfolgreichste Rennreiterin in Deutschland. Ihre Karriere hat die Aargauerin aber mit Ponyrennen in der Schweiz gestartet.

Wie bist du zum Pferderennsport gekommen?
Mit meinem Fuchspony Wendy bin ich früher immer an Fuchsjagden gestartet. Sie war ein sehr schnelles Pony und mit ihr habe ich dann auch fast jede Fuchsjagd gewonnen. Der Rennpferdetrainer Hansjörg Speck hat das gesehen und mich gefragt, ob ich nicht Lust hätte, an Ponyrennen an den Start zu gehen. So bin ich zum Pony- resp. Pferderennsport gekommen.

Was hat dich davon überzeugt, Rennreiterin von Beruf zu werden?
Nach der Schule habe ich nicht recht gewusst, in welche berufliche Richtung ich gehen wollte. Reiten machte mir extrem viel Spass und ich arbeitete jeweils in den Ferien bei Hansjörg Speck im Rennstall. So konnte ich schon in den Beruf rein schnuppern. Also habe ich beschlossen, die 3-jährige Ausbildung zur Rennreiterin zu absolvieren. Falls ich mich danach für einen anderen Beruf entscheiden möchte, hätte ich noch immer eine Zweitausbildung machen können. Soweit ist es aber dann nicht gekommen.

Was war dein bisher schönster Sieg und wie viele Rennen hast du gewonnen?
Mein schönster Sieg war ganz klar das Busch- Memorial, ein Gruppe 3 Rennen mit Winterfuchs in Krefeld. Ein Gruppenrennen als Frau zu gewinnen, ist etwas ganz besonders. Per 21.04.2020 zähle ich 99 Siege. Der Corona-Virus hat meine diesjährigen Ziele ziemlich durcheinander gebracht. Ich gebe aber mein Bestes, um sie trotzdem zu erreichen.

Du lebst ja mittlerweile in Deutschland. Was hat dich dazu bewegt, die Schweiz zu verlassen und im Ausland Fuss zu fassen?
Ich habe meine Ausbildung bei Carmen Bocskai in Avenches gemacht. Frau Bocskai ist 2016 mit ihren Pferden nach Deutschland ausgewandert. Damals wollte ich meine Rennreiterkarriere an den Nagel hängen, habe aber den Absprung nicht geschafft. Da der Rennsport in der Schweiz eher klein ist, bin ich nach Deutschland gegangen. Frankreich wäre ebenfalls eine Option gewesen, jedoch ist es dort noch schwieriger, um Fuss zu fassen, da es sehr viel mehr Rennreiter gibt. Zudem war Deutschland schon von der Sprache her einfacher für mich.

Gibt es etwas im Schweizer Pferderennsport, das besser ist in Deutschland?
Und umgekehrt? In Deutschland gibt es viel mehr Rennen und es finden auch oftmals am selben Tag Rennen auf mehreren verschiedenen Rennplätzen statt. Somit ist die Chance grösser, um Ritte zu bekommen. In der Schweiz ist dafür die Konkurrenz nicht ganz so gross. Beide Länder haben somit Vor- und Nachteile.

Bist du der Meinung, dass dir Ponyrennen im späteren Berufsleben geholfen haben?
Ponyrennen haben mir ganz klar geholfen, um überhaupt erst in den Sport hereinzukommen. Ohne Ponyrennen hätte ich nie den Beruf als Rennreiterin gewählt. Als Ponyrennreiterin konnte ich schon früh den ganzen Ablauf kennenlernen. Ausserdem konnte ich schon damals meine ersten Kontakte mit den „grossen“ Jockeys knüpfen. Ohne Ponyrennen gäbe es definitiv viel weniger Nachwuchs. Ich hoffe, der Ponyrennclub macht noch ganz ganz lange weiter, er hilft dem Pferderennsport extrem. Gibt es ein Ereignis mit den Ponyrennen, dass dir speziell in Erinnerung geblieben ist? In Avenches musste ich mit Wendy (Kat. B) mal mit den grösseren Ponys (Kat. C) zusammen starten, da es zu wenig Ponys für ein separates Rennen hatte. Wir kamen um eine Nase geschlagen als zweite hinter der Seriensiegerin ins Ziel. Ich war damals wahnsinnig stolz auf mein Pony.

Wie viele Ponyrennen bist du ungefähr geritten und was konntest du dabei für deine Zukunft lernen?
Ich bin von 2007-2009 Ponyrennen geritten. In den Ponyrennen habe ich gelernt, durchzubeissen und nicht aufzugeben, wenn es mal nicht wie gewünscht gelaufen ist.

Was kannst du unseren Ponyrennreiter für Tipps geben, damit sie bei den „Grossen“ Fuss fassen können?
Wenn man in den Pferderennen Fuss fassen will, muss man sich als erstes bewusst sein, dass dies ein Spitzensport ist. Man muss das wirklich wollen und auch mal die Zähne zusammenbeissen können. Klar gibt es in unserem Sport viel schönes, aber es gibt auch sehr anstrengende Seiten. Ausschlafen gibt es nicht und die Pferde müssen auch am Sonntag gefüttert und bewegt werden. Am besten arbeitetet man mal 1-2 Wochen bei einem Trainer, damit man mal alle Seiten des Sports kennenlernt. Danach kann man entscheiden, ob dieser Beruf wirklich zu einem passt.

Verfolgst du die Ponyrennen in der Schweiz, obwohl du mittlerweile in Deutschland lebst?
Ja klar, ich lese gerne die Berichte und Artikel über die Schweizer Ponyrennen auf Facebook usw.

Wie hältst du dich fit?
Durch meine Arbeit bin ich schon viel in Bewegung. Ich arbeite noch immer bei Carmen Bocskai in Iffezheim. Leider wohne ich nicht gerade um die Ecke, weshalb ich jeden Morgen mit dem Auto 1.5 Std zur Arbeit fahren muss. Dort reite ich dann 5-6 Lot (Pferde) und fahre wieder nach Hause. Mein Lebensgefährte ist Rennpferdetrainer und hat 15 Pferde im Training, welche wir dann am Nachmittag trainieren. Nebenbei jogge ich viel und am Abend vor dem TV mache ich mein Krafttraining. Dafür hat mir der Fitnesstest in der Schweiz sehr geholfen. Durch diesen weiss ich, welche Übungen mir für meinen Beruf helfen. (Der Fitnesstest für Rennreiter wird ab 2021 in der Schweiz wieder eingeführt)

Was hast du noch für Ziele in deiner Karriere?
Ich will eine der besten Frauen in Europa zu werden. Im Winter plane ich, in Japan oder Dubai Rennen zu reiten.

Hast du auch einen Plan nach deiner Zeit als aktiver Jockey? Oder denkst du da noch nicht darüber nach?
Ich weiss, dass ich nicht ewig Rennen reiten kann, aber ich habe noch keine konkreten Pläne. Ich hoffe, ich bleibe gesund und kann noch lange Rennen reiten.

Würdest du in Bezug auf deinen beruflichen Werdegang im Nachhinein alles nochmal genauso machen, oder gibt es etwas, dass du anders machen würdest?
Das einzige, was ich anders machen würde ist, dass ich wegen der besseren Möglichkeiten früher ins Ausland gehen würde. Ich würde aber auch jetzt meine Ausbildung wieder bei Carmen Bocskai machen, denn dort habe ich extrem viel gelernt. Ich bin aber trotzdem froh, dass ich auch in anderen Ställen geritten bin. So konnte ich noch mehr lernen, da jeder Trainer seine eigenen Methoden hat.

Möchtest du unseren Ponykids noch etwas persönliches mit auf den Weg geben?
Gebt niemals auf! Es wäre wahnsinnig schön, wenn wir mehr Nachwuchs hätten. Ich bin mir sicher, dass es noch so viele unentdeckte Talente gibt, welche nur darauf warten, um entdeckt zu werden. Ponyrennen sind der beste Weg, um diese zu finden und zu fördern.

Sibylle zu ihrer Ponyrennzeit mit Wendy (rotes Dress, schwarze Kappe):

https://www.youtube.com/watch?v=izQoDNNktK4&t=327s

https://www.youtube.com/watch?v=T2IZX2Wtzvc&t=368s

 

 

Und hier ihr Gruppe I Sieg im Busch Memorial 2019:

https://www.youtube.com/watch?v=-20eH0_gQEI&t=368s